Auf der Suche nach der verlorenen Stimmung
Können wir vergangene Stimmungen wiederholen? Dieser Frage folgend, begibt sich die Autorin auf die Spuren eines Landschaftsgemäldes der polnischen Künstlerin Zonaja (1929–2015). Der Weg führt in die Südkaschubei, zu einer am Wdzydze-See gelegenen Holzhütte, wo das Kunstwerk entstand.
Die Bildstrecke dokumentiert das zum Scheitern verurteilte Vorhaben, ein als Inbegriff südkaschubischer Landschaftsstimmung identifiziertes Bildmotiv mithilfe von Fotografie nachstellen und technisch reproduzieren zu wollen. Doch auch wenn es der Ethnografin nicht gelang – ja, nicht gelingen konnte –, die vergangene Stimmung zu wiederholen, bot sich ihr gleichwohl die Möglichkeit, über die Kategorie Stimmung in ihrer Potenzialität und Widersprüchlichkeit nachzudenken. Denn erst das – zunächst resignative – Verlassen des Geländes, auf dem Zonaja einst arbeitete, die Ab- und Rückkehr sowie der daraus entstehende Kontrast erlaubten ein Ablassen vom ursprünglichen Vorhaben und die Einlassung auf das, was in seiner Unauffälligkeit verkannt wurde: Die Stimmung, die für nichts und niemanden, an keinem Ort und zu keiner Zeit dieselbe ist.
In ihrem im Schweizerischen Archiv veröffentlichten Artikel «Der gestimmte Mensch. Impulse für eine empirisch-kulturwissenschaftliche Stimmungsforschung» unternimmt Oliwia Murawska den Versuch, Stimmung als Gegenstand und Instrument kulturanalytischer Forschung zu operationalisieren. Mithilfe zweier Quellen, die sich auf ein 1988 in der Südkaschubei entstandenes Kunstwerk beziehen, diskutiert sie mögliche Erscheinungs- und Seinsweisen von Stimmung sowie die (post-)humane Dimension einer von der Empirischen Kulturwissenschaft bisher vernachlässigten Kategorie. Hier geht es zur Heftausgabe.
Murawska, Oliwia: Der gestimmte Mensch. Impulse für eine empirisch-kulturwissenschaftliche Stimmungsforschung. In: Schweizerisches Archiv für Volkskunde (SAVk) 120 (2024/1), S. 73-98.